Ein Vortrag von Frau Dr. Christina Vogt, Ludwigs-Galerie in Oberhausen
Sonntag, den 01.09.2019 um 15.00 Uhr auf der Nonnenempore
Erinnerungen an die Verehrung der Hl. Anna in früherer Klosterzeit
Oelinghausens
Die Bildthematik der „Mutter Anna, die ihrer kleinen Tochter Anna das Lesen lehrt“, ist bereits im Mittelalter bekannt. Sie entwickelte sich im Kontext der Annenverehrung, die in Manuskripten des 13. und frühen 14. Jahrhunderts belegt ist. Im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit fand das Thema eine immer größere Beachtung. In der Barockzeit gewann das Thema dann eine allgemeine Popularität, die bis in das 19. Jahrhundert andauerte.
Auch im Kloster Oelinghausen stand die Verehrung der Hl. Anna als Mutter von Maria, der Gottesmutter hoch im Kurs. Bereits vor 1600 war sie Mitpatronin eines Altars. Eine Darstellung aus gotischer Zeit ist jedoch nicht erhalten geblieben.
Dafür taucht die figürliche Darstellung der Hl. Anna im Zuge der Neugestaltung der Klosterkirche nach 1700 gleich zweimal auf. Der hohe Stellenwert, der dieser Heiligen im Oelinghauser Prämonstratense-rinnenkonvent zugewiesen wurde, kommt zum einen durch die Darstellung als Großfigur im Ensemble des Hochaltars von 1712 zum Ausdruck. Hier sind vor allem Darstellungen von Heiligen aufgegriffen, die in irgendeiner persönlichen Beziehung zum Prämonstratenserorden bzw. zu dessen inhaltlicher Ausrichtung stehen. Hier ist einerseits der Bildungsaspekt für Mädchen und Frauen zu nennen. Zum anderen ist eine Annen-Figur in Oelinghausen erhalten geblieben, die sich früher gemeinsam mit der Hl. Dorothea als Ampelfigur auf dem Nonnenchor befand. In diesem Bildwerk von ca. 1720 kommt der „lehrende Charakter“ in der Darstellung zwischen der Mutter und ihrer Tochter besonders schön zum Ausdruck.
Im Kloster Oelinghausen bestand seit mindestens dem späten Mittelalter eine Schule, in der die Töchter des westfälischen Adels erzogen wurden und in der sie Lesen und Schreiben lernten. Viele kamen schon mit 8 oder 9 Jahren nach Oelinghausen und eine Reihe von ihnen traten später auch in den Orden ein. In diesem Zusammenhang ist die Darstellung der Hl. Anna, die ihrer Tochter Maria das Lesen lehrt, als Identifikations- und Orientierungsfigur zu sehen.