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Zwei
Meister ihres Faches – so lautet der Titel der kleinen Ausstellung,
die heute eröffnet wird. Die beiden Meister sind Johann Eckhard
und Johann Heinrich Löffler. Ihr „Fach“ ist die
Kunst des Kupferstichs, eines der wichtigsten und exaktesten Vervielfältigungsmittel
der Frühen Neuzeit, dessen Anfänge ziemlich genau in die
Mitte des 15. Jahrhunderts datiert werden können. Im Laufe
der Frühen Neuzeit entwickelte sich der Kupferstich zu einem
sehr wichtigen Illustrationsmittel, da er vor allem bessere und
präzisere Abbildungen hervorbrachte als der bis dahin gängige
Holzschnitt und sich daher sehr gut für Buchillustrationen
eignete.
Wie beim Holzschnitt auch war es Dürer, der die Kunst des Kupferstichs
perfektionierte und Meisterwerke wie „Ritter, Tod und Teufel“
schuf. Nicht nur im Süden Deutschlands, sondern auch aus dem
norddeutschen, bzw. westfälischen Raum sind bedeutende Kupferstecher
zu nennen, etwa im 15. Jahrhundert Israhel van Meckenem, der Jüngere
(* um 1440; † 1503), der in Bocholt arbeitete. Bereits von
seinen Zeitgenossen wurde er als einer der bedeutendsten Meister
dieser Kunstrichtung angesehen.
Für das 16. Jahrhundert sind aus unserer Heimat vor allem Heinrich
Aldegrever, (geboren in Paderborn; gestorben um 1560 in Soest) und
Antonius Eisenhoit aus Warburg zu nennen.
Bis zum 17. Jahrhundert wurde der Kupferstich so erfolgreich, dass
er zusammen mit der Radierung den Holzschnitt, der nun als minderwertig
galt, so gut wie verdrängt hatte.
Bedeutende Künstlerpersönlichkeiten lassen sich nun im
17. Jahrhundert als Kupferstecher ausmachen. Matthäus Merian
und Wenzel Hollar gehörten zu den bekanntesten. Sogar der große
Peter Paul Rubens, in Siegen geboren, betätigte sich in dieser
Kunst. Es war die Zeit des Barock, als der Kupferstich seine höchste
Blüte erlebte.
In diese große Zeit des Kupferstichs und in die Reihe der
großen Namen dürfen sich durchaus gleichberechtigt auch
die Brüder Löffler einordnen, die in einem bedeutenden
Zentrum der Kupferstichkunst ihre Wirkungsstätte hatten, nämlich
in Köln, das neben den Städten Augsburg, Nürnberg
und Basel im deutschsprachigen Raum als einer der wichtigsten Orte
der Buchkunst gelten kann: Johann Eckhard, der ältere der Brüder
und Johann Heinrich, der Jüngere, der auch seine Arbeiten oft
mit „Löffler iunior“ signierte.
Die Bedeutung der beiden Brüder für diese Stadt hebt Kardinal
Meisner in seinem Grußwort zur Ausstellung, das im Begleitheft
abgedruckt ist, völlig zu Recht hervor: „Die Löffler-Brüder
haben in herausragender Weise künstlerisch zum blühenden
kirchlichen Leben der rheinischen Metropole in ihrem Jahrhundert
beigetragen.“
Wohl spielte sich ihr Schaffen über rund fünf Jahrzehnte
in Köln ab, Ihre Wirkung jedoch ging weit darüberhinaus.
Darauf vor allem will diese Ausstellung aufmerksam machen:
In
der Tat wurde bislang die durchaus evidente Bedeutung der beiden
nicht recht angemessen gewürdigt. Während über Johann
Eckhard, also den Älteren, überhaupt kaum etwas zu erfahren
war, gab es über seinen jüngeren Bruder, Johann Heinrich,
zweifellos der bedeutendere, lediglich kurze Artikel in den gängigen
Kunst- oder Künstlerlexika.
Auf der Suche nach ganzen Büchern, die sich mit den Löfflers
beschäftigen, gibt man schließlich etwas frustriert auf,
nachdem nach einer Reihe von durchsuchten Datenbanken schließlich
bei Google-Booksearch ein 48-seitiges Heft auftaucht mit dem Titel:
„Johann Heinrich Löffler“. Das allerdings ist nicht
unser Kupferstecher, sondern ein thüringischer Heimatdichter
gleichen Namens.
Im Bewusstsein dieses Mangels und in Kenntnis der Bedeutung der
beiden Löffler-Brüder setzte Antonius Löffler aus
Menden, der sich auch familiengeschichtlich durchaus nachvollziehbar
mit den beiden Kölner Kupferstechern verbunden weiß,
nachdrücklich dafür ein, den Rang seiner historisch fernen
Namensvettern biographisch und künstlerisch ins rechte Licht
zu rücken. Zugängliche Löffler-Freunde fand er schnell
im „Freundeskreis Oelinghausen“. Hier bildete sich schnell
ein Arbeitskreis, der nach zweijähriger Beschäftigung
mit der Thematik neben dieser Ausstellung auch das erste Werk präsentieren
kann, das sich ausschließlich der Geschichte der Löffler-Brüder
widmet und erstmalig neben den verschiedenen biografischen und thematischen
Beiträgen auch in einem umfangreichen Werkverzeichnis deutlich
macht, dass unsere Löfflers neben der unbestrittenen Qualität
ihrer Werke auch eine erhebliche Quantität aufzuweisen haben.
Dieses Begleitheft, eigentlich müsste man sagen „Begleitbuch“
mit über 100 Seiten, hält die Ergebnisse der Beschäftigung
mit den Kupferstechern Löffler fest und dokumentiert sie auch
für spätere Generationen. Das ist wichtig für die
Nachhaltigkeit der Arbeit.
Ebenso
wichtig aber erscheint es mir, Leben und Werk der bedeutenden Künstler
in einer Ausstellung zu präsentieren. Hier ist die Gelegenheit
gegeben, diesen Persönlichkeiten sehr nahe zu kommen, Leben
und Werk auch sinnlich opulent wahrnehmbar zu machen, Geschichte
lebendig werden zu lassen, vor allem natürlich durch Dokumente
und Originalgegenstände, die vor rund 350 Jahren das Leben
der Löffler-Brüder beeinflusst und mitgeprägt, die
in deren Alltag eine mehr oder weniger bedeutende Rolle gespielt
haben mögen. Sie beflügeln unsere Phantasie und lassen
uns eintreten in die historische Sphäre und teilhaben an einer
spannenden Erschließung einer längst vergangenen Welt.
Lassen
Sie mich Ihnen, meine Damen und Herren, diese Ausstellung in ihren
Grundzügen kurz vorstellen:
Das
Bestreben des Arbeitskreises war es, zunächst die fundamentalen
Daten zur Löfflerschen Familiengeschichte im 17. Jahrhundert
herauszuarbeiten. Dieser Thematik widmet sich der erste Teilbereich
der Ausstellung. Neben diesen grundlegenden biographischen Darstellungen
ergaben sich zwei Bereiche, denen sich die Ausstellung (und auch
das Begleitheft natürlich) in besonderem Maße widmet:
einmal die Zusammenarbeit der Löfflerbrüder mit dem Kapuzinerpater
und Schriftsteller Karl von Arenberg in seinen „Flores seraphici“,
einem äußerst bemerkenswerten Kupferstichwerk zum Kapuzinerorden,
zum zweiten die rund dreißig Jahre währende gemeinsame
Kupferstichproduktion des jüngeren Löffler mit dem Paderborner
Barockkünstler Johann Georg Rudolphi.
Ausschlaggebend für die Konzentration auf diese beiden Bereiche
waren vor allem die noch vorhandenen, für eine Ausstellung
attraktiven zeitgenössischen Originalstiche und Kupferplatten
zu den beiden Hauptthemen der Ausstellung.
Zunächst
also einige Bemerkungen zum biographischen Fundament:
Über die Kindheit und Jugend der beiden Brüder wissen
wir so gut wie nichts, außer dass sie wohl aus Treysa, heute
Teil der Stadt Schwalmstadt, einem nordhessischen, nicht weit von
der Grenze zum kölnischen Sauerland gelegenen Städtchen,
stammen. Wie sie nach Köln kamen, ist nicht mehr nachzuvollziehen,
jedenfalls scheinen sie aber irgendwie durch das Sauerland gezogen
zu sein – woher sonst? Der an sich nicht seltene Name Löffler
taucht etwa in den sauerländischen Dörfern Dornbach, Bödefeld
und Kirchhundem auch zeitnah auf. In Silbach scheinen später
familiäre Bindungen entstanden zu sein.
Spätestens um 1630 erscheint Johann Eckhard Löffler mit
einem ersten Kupferstich in Köln, der in einer von dem aus
Lippstadt stammenden Pfarrer von St. Columba, Kaspar Ulenberg übersetzten
Bibel verwendet wurde. In Köln lassen sich die Spuren der Löfflers
konkreter verfolgen:
Bereits 1632 heiratete Johann Eckhard Löffler,1644 trat auch
sein Bruder Johann Heinrich in Stand der Ehe, aus der zehn Kinder
hervorgingen, von denen die jüngste Tochter Johanna Dorothea
im Jahre 1720 ein sehr persönlich abgefasstes Testament hinterließ.
Auszüge davon finden Sie in der Ausstellung.
Nun gehörten die Löfflers zu den angesehenen Familien
in Köln. Die Quellen fließen jetzt reichlicher, so dass
sich sogar ihre Wohnungen und Werkstätten in den besten Lagen
des damaligen Köln lokalisieren lassen, sie lagen in der Severinstraße
und der Bredestraße. In einer zeitgenössischen Darstellung
von Köln aus dem berühmten Atlas von Johannes Gigas, einem
heutigen Stadtplan durchaus ähnlich, lassen sich diese Adressen
noch auffinden.
In diesem ersten Teil der Ausstellung finden Sie zahlreiche Dokumente
zum Leben der Löfflers in Köln. Dazu gesellen sich einige
Originalkupferstiche. Lassen Sie diese Werke auf sich wirken. Die
Vitrinen sind absichtlich so gestellt, dass Sie auch die an den
Wänden hängenden Stiche ganz aus der Nähe betrachten
können.
Bis in die achtziger Jahre des 17. Jahrhunderts sind Löffler-Werke
bekannt. Genaue Todesdaten konnten bislang noch nicht ermittelt
werden.
Kommen
wir nun zu den beiden, beispielhaft ausgewählten Themenbereichen,
an denen sich die Kupferstichkunst der Löfflerbrüder demonstrieren
lässt:
Zunächst zu deren Hauptwerk, den „Flores seraphici“,
zu deutsch „Seraphische Blumen“, des Kapuzinerpaters
Karl von Arenberg. Der Ausdruck „seraphisch“ ist eine
von den Seraphim, einer Engelgattung, abgeleitete Bezeichnung für
den heiligen Franz von Assisi, seinen Orden und einige damit verbundene
geistliche Gemeinschaften, wird also auch für die Kapuziner
als einen franziskanischen Reformorden benutzt.
In diesen Flores Seraphici werden in einem großformatigen
Band Biographien von Kapuzinern vorgestellt, die zwischen 1525 und
1580 gelebt haben. Herausragend sind die 191 ganzseitigen Kupferstiche,
die Initialen und Vignetten am Beginn und Ende eines jeden Kapitels.
Die Illustrationen wurden von Johannes Schot gezeichnet und von
beiden Brüdern Löffler gestochen. Die Kontakte zu den
beiden Kupferstechern hatte der Verfasser Karl von Arenberg geknüpft,
der sie für die Illustrationen seines Monumentalwerkes gewinnen
wollte. Er selbst, Mitglied des bedeutenden Adelsgeschlechtes derer
von Arenberg, hatte die Biographien seiner im 16. Jahrhundert wirkenden
Mitbrüder verfasst.
Karl von Arenberg wurde 1591 geboren und erhielt den Vornamen Anton.
Sein Lebensweg vollzog sich zunächst in jenen Bahnen, die für
junge Prinzen und Adelige damals üblich waren. Das Testament
der Eltern sah für ihn eine reichliche Ausstattung mit Besitztümern,
vor allem Ländereien in den Ardennen vor. Als Neunzehnjährigen
finden wir ihn auf einer sogenannten damals üblichen Kavaliersreise
durch Deutschland, danach taucht er am Brüsseler Hof in hoher
Stellung auf. Er liebte Schmuck und teure Kleider, sammelte aber
auch schon leidenschaftlich schöne Bilder und vor allem auch
Bücher. Nach der existenziellen Wende in seinem Leben, die
im Jahre 1616 erfolgte und wahrscheinlich mit dem Tod seines Vaters
in Zusammenhang stand, trat er 1624 dem Kapuzinerorden bei: Aus
dem Prinzen Anton von Arenberg wurde nun schlicht Pater Karl. Von
den politischen Wirren des Dreißigjährigen Krieges blieb
auch er nicht verschont. Danach plante und baute er das Kapuzinerkloster
in Brüssel, wo er 1669 auch starb und begraben wurde.
Ihm verdanken wir also dieses für einen Bettelorden, wie es
die Kapuziner sind, fast schon allzu opulent ausgestattete, äußerst
repräsentative Prachtwerk, dessen Kupferstiche auch in erweiterter
Form und erheblich größerem Format mit den Biographien
in einer eigenen Kartusche als Einzelblätter gedruckt wurden
und von denen eine kleine Auswahl in der Ausstellung auch gezeigt
werden kann. Von den Büchern, den Exemplaren dieses Werkes
selbst gibt es heute nur noch wenige Einzelstücke. Denn bereits
zwei Jahre nach dem Druck ging eine größere Anzahl der
Exemplare während des Transports nach Spanien bei einem durch
einen Sturm verursachten Schiffbruch am 22. Juni 1643 im Meer unter.
Es ist daher durchaus bemerkenswert, wenn in unserer Ausstellung
gleich drei Exemplare verschiedener Provenienzen gezeigt werden
können.
Der
zweite thematische Bereich der Ausstellung ergibt sich aus der Verbindung
von Kupferstecher und Entwurfszeichner. Die Zusammenarbeit ist in
diesem Falle durch ein echtes „Teamwork“ von zwei unterschiedlichen
Künstlern getragen, die auf Veranlassung von Dritten (etwa
dem Paderborner Jesuitenkolleg wie in unserem Falle) von Fall zu
Fall tätig werden.
Diese Konstellation ist gegeben bei der Zusammenarbeit des bedeutenden
Paderborner Barockmalers Johann Georg Rudolphi mit Johann Heinrich
Löffler. Johann Eckhard, also der ältere Bruder, ist hier
nicht beteiligt.
Rudolphi wurde 1633 in Brakel bei Höxter geboren, besuchte
zunächst seit 1646 das Gymnasium, ab 1649 in Paderborn die
Universität der Jesuiten. Danach verliert sich seine Spur an
der Universität bald. Jedoch bereits 1654 schuf Rudolphi sein
erstes Werk für seine ehemalige Universität, ein sogenanntes
Thesenblatt. Für Rudolphi war dieser erste Entwurf von 1654
gleichzeitig auch der erste Kontakt mit Johann Heinrich Löffler,
der sich in der Regel als „Löffler junior“ in zahlreichen
späteren gemeinsamen Arbeiten verewigte. Für seine Zeichnung
erhielt Rudolphi 4 Reichsthaler, während Löffler für
das Stechen 32 Reichstaler, also das Achtfache, verbuchen konnte.
Diese deutliche Differenz in der Bezahlung entspricht dem Brauch
der damaligen Zeit; der künstlerische Entwurf eines Werkes
stand in der finanziellen Wertschätzung weit hinter der des
technisch-handwerklichen Könnens zurück.
Das letzte Werk von Rudolphi lässt sich in das Jahr 1692 datieren.
Ein Jahr später starb er.
Aus
seinem Gesamtwerk werden hier in der Ausstellung die druckgrafischen
Entwürfe, die in Zusammenarbeit mit Löffler junior entstanden,
ausführlich vorgestellt.
Da
gibt es zunächst Titelblätter von Büchern, eine für
das 17. Jahrhundert typische Schmuckform. Hier sind es vor allem
Werke des damaligen Paderborner Generalvikars Laurentius van Dript,
die in einer Hochvitrine ausgelegt sind.
Künstlerisch
bedeutender sind die Illustrationen in Repräsentationsschriften,
die nicht nur jeweils einen Kupferstich als Titelblatt enthielten,
sondern durchweg ein bis in die kleinsten Einzelheiten durchkomponiertes
Bildprogramm aufwiesen, das sowohl an den Entwurfszeichner wie auch
an den ausführenden Kupferstecher besondere Anforderungen stellte.
Aus der Zusammenarbeit zwischen Rudolphi und Löffler junior
entstand so etwa das komplette Illustrationsprogramm zweier Fest-
oder Huldigungsschriften. Die Paderborner Jesuiten, bzw. die Universität,
pflegten hochgestellten Persönlichkeiten bei festlichen Anlässen
zu gratulieren, indem sie meist in Form eines Buches ein kostbar
gebundenes und reich illustriertes Gedicht herausgaben, wobei es
nicht so sehr auf den panegyrischen Text, sondern auf die ansprechende,
edle und kostbare bildliche Darstellung der Verdienste und Charaktereigenschaften
der Gefeierten ankam. Zwei Paderborner Fürstbischöfe,
Ferdinand von Fürstenberg und dessen Nachfolger Hermann Werner
von Wolff-Metternich, durften sich jeweils beim feierlichen Amtsantritt
über ein solches „Gedicht“ der Jesuiten freuen.
Als Ferdinand von Fürstenberg im Jahre 1661 zum Bischof von
Paderborn gewählt worden war, widmeten ihm die Jesuiten eine
Festschrift mit dem Titel „Catena aurea“ Diese (übersetzt)
„goldene Kette“ besteht aus acht Ringen. Jeder Ring
beinhaltet eine Huldigung an den Fürstbischof etwa als Mitglied
einer bedeutenden Adelsfamilie, als Förderer des Glaubens und
der Wissenschaften oder als Beschützer der Paderborner Universität.
Jedem dieser Ringe ist ein emblematischer Kupferstich zuzuordnen,
gezeichnet von Rudolphi, gestochen von Löffler junior.
Die zweite von Löffler junior und Rudolphi gemeinsam gestaltete
Festschrift war dem Nachfolger Ferdinands gewidmet, dem Fürstbischof
Hermann Werner von Wolff-Metternich, zum Amtsantritt im Jahre 1684
mit dem Titel „Hercules“. Die Huldigungsstiche dieser
Festschrift zeigen Sternbilder, die den Fürstbischof symbolisch
am Sternenhimmel vertreten und sich auf dessen Tugenden und Fähigkeiten
beziehen.
Ein
weiteres bedeutendes Feld für Kupfersticharbeiten bot sich
bei den sogenannten meist großformatigen Thesenveröffentlichungen.
Im akademischen Betrieb der früheren Jahrhunderte war es üblich,
dass die Schüler oder Studenten meist in feierlichen Disputationen
öffentlich in Rede und Gegenrede die Lehrmeinungen ihrer Professoren
(Thesen) verteidigen mussten, um zu den akademischen Graden (Bakkalaureat,
Lizenziat, Doktorat) zu gelangen. Dazu wurden oft prächtig
ausgestattete Plakatdrucke hergestellt, bei denen die Thesen vielfach
von opulenten Kupferstichrahmen umgeben wurden. Aus der Zusammenarbeit
zwischen Löffler junior und Rudolphi sind zwei dieser großformatigen
Blätter bekannt. Diese beiden kunstvoll angelegten Blätter
bestehen zum einen aus der grafischen Gestaltung (Kupferstich) und
zum anderen aus dem Text, der die Namen der veranstaltenden Professoren
und der disputierenden Studenten sowie den Wortlautlaut der zu verteidigenden
Lehrsätze (Thesen) enthielt. Da die Kupfersticharbeiten teuer
und aufwändig waren, die Texte jedoch lediglich für eine
einzige Veranstaltung geschrieben wurden, benutzte man die grafische
Umgebung öfter, manchmal über Jahrzehnte hinweg, für
immer wieder neue Texte, die in den Kupferstich einmontiert wurden.
Für die Entwürfe der Thesenblätter und deren Umsetzung
auf die Kupferplatte ist sowohl Rudolphi wie auch Johann Heinrich
Löffler eine „künstlerische Spitzenstellung“
zu bescheinigen.
Als
ganz besondere Exponate in dieser Ausstellung sind sicherlich die
Original-Kupferplatten anzusprechen, alle von Rudolphi entworfen
und von Löffler junior gestochen - mit den Illustrationen aus
den soeben vorgestellten Festschriften für die beiden Paderborner
Fürstbischöfe.
In den Sammlungen des Paderborner Vereins für Geschichte und
Altertumskunde Westfalens haben sich insgesamt 11 dieser Kupferplatten
erhalten und werden nun erstmals in der Öffentlichkeit gezeigt.
Zur Festschrift für Ferdinand existieren noch vier der kleinen
emblematischen Platten. Für die zweite Festschrift von 1684
gibt es heute noch von allen Huldigungsstichen und vom Titelblatt
auch die Kupferplatten.
Da beide Festschriften als Buch heute nur noch als Fragmente vorhanden
sind, können dank dieser noch vorhandenen Kupferplatten diese
beiden kulturgeschichtlich sehr bedeutenden Huldigungswerke an die
beiden Paderborner Fürstbischöfe zumindest in den Illustrationen
komplett rekonstruiert werden.
Aus Anlass der Ausstellung wurden von den elf Kupferplatten Neuabzüge
nach altem Verfahren hergestellt, die zu den Platten gelegt wurden.
So sieht man sehr schön, wie Bild und Spiegelbild sich zueinander
verhalten.
In
der relativ langen Zeit von ziemlich genau dreißig Jahren
(1654-1684), in denen Johann Georg Rudolphi und Johann Heinrich
Löffler zusammenarbeiteten, sind also zahlreiche künstlerisch
hochwertige und handwerklich hervorragend gemachte Kupferstiche
entstanden. Rudolphi hat im Laufe seiner Künstlerkarriere mit
den verschiedensten Kupferstechern zusammengearbeitet, keiner jedoch
hat so viele seiner Arbeiten gestochen wie Löffler junior:
Insgesamt sind derzeit 21 Arbeiten bekannt, die aus dieser Verbindung
stammen.
Meine
Damen und Herren, nun sind wir eigentlich am Ende unserer Ausstellung
„Zwei Meister ihres Faches“. Ich möchte jedoch
nicht schließen, ohne auch auf den für die Ausstellung
nicht ganz unwichtigen dritten Meister, besser gesagt die dritte
Meisterin hinzuweisen. Die Technik des Kupferstiches in Worten zu
beschreiben, ist fast so, als wenn ein Blinder über Farben
reden soll. Es ist daher ein besonderes Verdienst des Freundeskreises
Oelinghausen, die Paderborner Künstlerin Christine Steuernagel
gewonnen zu haben, die Ausstellung mit ihren modernen Arbeiten zu
bereichern, vor allem aber auch, die Technik des Tiefdruckes an
ihrer eigenen Presse zu demonstrieren. Darüber hinaus hat sie
einer zentralen Thematik der Ausstellung, nämlich dem Werk
des Karl von Arenberg „Flores seraphici“ eine von ihr
speziell für diesen Anlass entworfene Grafik gewidmet, die
den großen Bogen von der geschichtlichen Situation vor rund
350 Jahren in unsere Zeit hinein schlägt und sich als künstlerische
Würdigung der beiden Löffler-Brüder versteht. Diese
Grafik können Sie erwerben. Frau Steuernagel hat ihr Atelier
im Klosterkeller aufgebaut und wird gleich im Anschluss (16.00 Uhr
steht im Programm) ihre Kunst präsentieren.
Ihnen
allen wünsche ich noch viel Freude und Vergnügen beim
Rundgang sowohl im Museum als auch im Klosterkeller-Atelier. Ich
bedanke mich für Ihre Geduld und Ihre Aufmerksamkeit. |
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